Ich wollt ja schon immer mal auf einem Hausboot übernachten. Und genau das wäre in Belgrad machbar. Direkt auf der Donau. Von Novi Sad buche ich daher zwei Nächte in einem Mehrbettzimmer und freu mich jetzt schon riesig auf den nächsten Abend. Doch erst mal nach Belgrad fahren. Das mach ich zusammen mit Kristian. Kristian kommt aus Dänemark und ist auf einer ganz ähnlichen Route unterwegs wie ich. Und da wir beide nach Belgrad wollen, beschließen wir am nächsten Tag zusammen zu fahren.
Ich schlage vor, dass wir um zehn Uhr aufbrechen. Dann haben wir genug Zeit für die knapp 100 km lange Strecke. Letztlich wird es 11 Uhr, weil wir uns beim Packen unserer Räder vollkommen verquatschen. Über die Varadin-Brücke fahren wir an der Festung vorbei und dann aus der Stadt heraus. Durch kleinere Ortschaften geht es Richtung Südosten. Immer in Donaunähe. Es ist wieder richtig warm geworden. Wir kommen ganz gut voran. Trotz einiger Anstiege, die sich gefühlt mehrere Kilometer hinziehen. Nach knapp drei Stunden legen wir eine kleine Mittagspause ein. Wir unterhalten uns über dänische Filme. „In China essen sie Hunde“ und „Dänische Delikatessen“ sind aus dieser Rubrik ja meine absoluten Lieblingsfilme. Kristian kennt die natürlich auch und so können wir uns gemeinsam über einige Szenen amüsieren.
Auf unserem weiteren Weg passieren wir Novi Banovci. Aus einer Seitenstraße hören wir Gitarrenmusik. Wir machen kehrt und wollen mal schauen, was da los ist. In der Straße herrscht richtige Volksfeststimmung. Es sind Tische und Bänke aufgebaut und mehrere Kessel, aus denen es kräftig dampft. Als wir in die Straße einbiegen werden wir gleich entdeckt und lautstark begrüßt. Wir sollen absteigen und uns mit an einen der Tische setzen. Kaum sitzen wir, stehen zwei Teller mit Suppe vor uns. Dazu bekommt dann jeder noch Salat, Brot, Hühnerkeulen und Würste. Echte hausgemachte serbische Würste, wie man uns nicht ohne Stolz zu verstehen gibt. Wir sind immer noch etwas überrascht. Irgendwer kann etwas Englisch. Uns wird erklärt, dass hier mehrere Teams angetreten sind und es darum geht, wer die beste Fischsuppe kochen kann. Entschieden wird das von einer Jury. Und wie es der Zufall will, ist es genau der Tisch, an dem wir sitzen. Als das Ergebnis verkündet wird, gibt es kein Halten mehr. Alle springen auf, klatschen und jubeln. Die Musiker kommen direkt zu uns an den Tisch und es wird gesungen und gefeiert. Wir werden von der Begeisterung sofort angesteckt und jubeln mit allen mit. Immer wieder wird der Pokal bestaunt und hochgehoben. Wir sitzen eine ganze Weile mit am Tisch. Die Kommunikation läuft mit Händen und Füßen und ein bisschen Englisch. Nach etwa einer Stunde machen wir uns mit vollem Bauch und einem Dauergrinsen im Gesicht wieder auf den Weg. Eigentlich wär ich ja gern noch geblieben. Aber wir müssen heute Abend noch in Belgrad sein.
Gegen 19 Uhr sind wir schließlich da. Unsere Wege trennen sich hier vorerst, da Kristian ein anderes Hostel gebucht hat. Ich fahr zu meinem Hausboot. Das Problem ist nur, dass ich es nicht finden kann. Trotz GPS und eindeutiger Adressangabe. Ich fahr das Donauufer rauf und runter, aber kein Hausboot mit dem Namen „Boat Hostel Belgrade“. Das gibts doch nicht. Ich les mir die Wegbeschreibung nochmal genau durch. Direkt gegenüber vom „Hotel Jugoslavia“ soll es sein. Da steht zwar ein Hausboot. Das hat aber einen anderen Namen. Naja, zumindest ist die Tür offen. Also werd ich da mal nachfragen. Auf mein Rufen und Klopfen zunächst keine Reaktion. Ich geh ein paar Schritte durch die offene Tür. Stimmen hör ich jetzt schon mal. Irgendwer muss also da sein. Nochmal laut geklopft und gerufen. Dobar Dan. Hallo. Jetzt hör ich Schritte. Andrea, Miroslav und Danny stehen in der Tür und schauen mich mit großen Augen an. Ich erklär, dass ich ein Hausboot suche, auf dem ich ein Zimmer gebucht habe.
Schnell stellt sich heraus, dass ich auf dem richtigen Hausboot bin. Nur ist das noch gar nicht eröffnet worden. Andrea sagt, dass in etwa zehn Tagen die geplante Eröffnung sei. Bis dahin gibts noch einiges zu tun. Aber andererseits hab ich ja gebucht, meint sie. Und da kann sie mich ja nicht einfach wegschicken. Ein Zimmer kann ich mir aussuchen. Ich bin ja der einzige Gast. Und auch der erste. Na dann nehm ich doch eins mit Donaublick. Während Mirsolav frische Bettwäsche und ein Handtuch besorgt, erzählt mir Andrea etwas von ihren Plänen mit dem Schiff und auch darüber, was es in Belgrad alles zu sehen gibt. Danny und ich wuchten mein Fahrrad ins Schiff hinein und stellen es irgendwo in den Gang. Ich räum meine ganzen Taschen in die Kajüte und mach einen kurzen Spaziergang an der Donau entlang. Noch die letzten Sonnenstrahlen genießen.
Zurück auf dem Schiff hör ich Musik aus dem Wohnbereich. Ich steck kurz den Kopf zur Tür rein und wünsch einen guten Abend. Insgesamt sechs Leute sitzen um einen Tisch herum. Andrea, Danny, Mirsolav, Mladin und zwei weitere Gäste. Mladin, Andrea´s Mann, meint, dass ich mich doch dazu setzen soll. Bei der Gelegenheit könnt ich doch gleich mal den Kaffee testen. Die Maschine ist nämlich neu, frisch aus Italien. Und es fehlt noch eine objektive Meinung. Und so steht kurze Zeit später ein Espresso vor mir auf dem Tisch. Schmeckt ganz lecker ist meine ehrliche Antwort. Und vor allem nicht zu stark. Kaum ausgetrunken, steht dann auch schon der nächste da. Wir unterhalten uns auf Englisch. Bei Bedarf übersetzen Andrea und Mladin. Wir reden über Belgrad und serbische Geschichte, das Boot, die Donau und meine Reise mit dem Fahrrad.
Gegen 11 wirds für mich dann Zeit. War ja irgendwo auch ein anstrengender Tag. Und mir fallen bald die Augen zu. Ich geh in meine Kajüte und freu mich, weil ich ja heute auf einem richtigen Hausboot schlafen kann. Insgesamt bleib ich zwei Nächte. War ein absoluter Glücksgriff, das Hausboot. Und total angenehm mit Andrea, Mladin, Miroslav und Danny. Richtig familiär. Morgens, wenn ich aufsteh und in den Wohnbereich komme, steht immer schon ein Frühstück auf dem Tisch und es gibt viele, viele Espressos. Und wir unterhalten uns ganz oft und über alles Mögliche. Auch wenns manchmal nur mit Händen und Füßen geht.
Einen Tag bleib ich jetzt noch in Belgrad. So viel hab ich von der Stadt ja noch nicht gesehen. Morgen werd ich dann weiter die Donau runterfahren. Richtung rumänische Grenze.