Endlich wieder Berge

Den letzten Tag in Belgrad hab ich mir für einen Stadtrundgang aufgehoben. Was ich auf jeden Fall sehen möchte, ist die Festung. Die hat Andrea mir ja gleich als erstes empfohlen. Und ansonsten schau ich mal, wo es mich so hin verschlägt. Am späten Mittwochvormittag mach ich mich auf den Weg. Die Stadt ist schon jetzt ein richtiger Backofen. Knapp 30°C sind es mittlerweile. Und über 35°C sollen es heute noch werden. Mein erster Gang führt mich daher in einen der vielen kleinen Lebensmittelläden. Dort kauf ich mir eine Flasche gekühltes Mineralwasser. Ich nehm gleich die 2-Liter-Version. Sicher ist sicher.

Durch eines der vielen Tore betrete ich die Festungsanlage und finde mich in einem weitläufigen Park wieder, dem Kalemegdan. Hier gibt es viele Stände mit allem, was man als Tourist so brauchen kann: Souvenirs, kalte und heiße Getränke und Kleinigkeiten zum Essen. Aber auch ganz ruhige Plätzchen, z. B. unter den vielen Bäumen im Park. Von der Burgmauer hat man dazu noch einen schönen Blick auf Belgrad und auf den Zusammenfluss von Zave und Donau. Ich bleib eine ganze Weile und genieß den Ausblick und den erfrischenden Wind und schlendere zwischen den Burgmauern herum. Vom Kalemegdan mach ich mich dann irgendwann auf in die Innenstadt. Ich laufe einmal quer hindurch, biege mal rechts und mal links ab und gelange so bis auf die andere Seite. Immer wieder komme ich an kleinen Parkanlagen vorbei. Davon gibt es hier recht viele. Insgesamt zeigt sich die Innenstadt in einem sehr vielseitigen Bild. Häufig wechseln sich schöne und heruntergekommene Ansichten in nur wenigen Metern ab. In den Seitenstraßen stehen oftmals stark renovierungsbedürftige Häuser. Gerade im Vergleich zu Budapest fallt mir das immer wieder auf.

Am nächsten Tag gehts dann wieder weiter. Ich steh ich in aller Frühe auf. Nach drei Tagen Pause möchte ich heute mal wieder etwas vorankommen. Normalerweise trödel ich morgens ja immer ein bisschen. So wird es dann schon auch mal 10 oder 11 Uhr bis ich losfahren kann. Heute steh ich jedoch schon um 8:30 Uhr abreisefertig da und kann starten. Noch in Belgrad wechsel ich auf die nördliche Donauseite und folge der Donau Richtung Osten. Bis zur nächsten Stadt führt der Donauradweg dann über eine 6-spurige Bundesstraße. Ich bin mir gar nicht sicher, ob hier Fahrräder überhaupt erlaubt sind. Sieht eher nach Autobahn aus. Aber laut Karte ist das die offizielle Route. Schilder, die den Donauradweg markieren, stehen hier aber weit und breit keine. Ich hoff daher einfach mal, dass das alles seine Richtigkeit hat und halte mich einfach schön weit rechts.

Wohlbehalten erreiche ich nach 12 Kilometern Pancevo. Ab hier wird es dann wieder etwas ruhiger. Durch kleine Ortschaften geht es Richtung rumänische Grenze. Noch immer ist es sehr flach. Ich komme hauptsächlich an Agrarflächen vorbei. In Grenznähe teilt sich der Donauradweg dann in zwei Hauptrouten auf. Man kann jetzt direkt nach Rumänien weiterfahren oder noch auf serbischer Seite bleiben.  Da ich noch einige Dinar habe, bleibe ich vorerst in Serbien. Mit einer Fähre setze ich wieder aufs Südufer über. Ab hier ändert sich die Landschaft dann zusehends. Es wird schnell wieder bergig. Nach den vielen Tagen im Flachland freut mich das total. Hab sie schon richtig vermisst, die Berge. Direkt nachdem ich die Fähre verlassen habe, gibts zur Einstimmung gleich mal den ersten kurzen Anstieg. Nach einigen Ortschaften, finde ich mich dann auf einem Damm wieder und radel den restlichen Tag in Sichtweite zur Donau. Bei Veliko Gradiste bau ich am Abend mein Zelt auf.

Ich befinde mich jetzt im Nationalpark Derdap und es geht durch eine atemberaubende Landschaft. Zu beiden Seiten der Donau ragen steile Berghänge auf. Und es geht wieder direkt an der Donau entlang. Ich kann gar nicht oft genug anhalten, um mir alles anzuschauen. Unglaublich beeindruckend. Die spektakulärste Stelle kommt dann kurz hinter Dobra, das Eiserne Tor bzw. der Durchgang durch die Derdap-Schlucht. Die Donau verengt sich hier auf knapp 150 m. Wahnsinnig schön ist es hier. Ich halte auf jedem Parkplatz an und mach eine Pause.

Nach und nach flacht sich die Berglandschaft dann wieder ab. Es bleibt aber hügelig und es folgen noch ein paar kleinere Anstiege. So geht das bis Negotin im Grenzgebiet zu Rumänien und Bulgarien. Gestern bin ich in Negotin angekommen. Der serbische Teil des Donauradweges liegt damit hinter mir. Heute geht es dann weiter auf dem bulgarischen Teil.

Ich finds ein bisschen schade Serbien verlassen zu müssen. Ich hab mich hier sehr wohl gefühlt und die Menschen als überaus herzlich und offen erlebt. Eines der wenigen Dinge, die ich allerdings vermisst habe, war richtig guter Filterkaffee. In großen Tassen. Den hab ich so nur in Novi Sad bekommen. Und nur nachdem ich extra nachgefragt habe. Von daher bin mal gespannt, wie das in Bulgarien so ist.

 

Ungarn und eine gelungene Überraschung

Von Tulln mach ich mich am Dienstag vor einer Woche auf den Weg nach Ungarn. Ich starte recht früh, weil die geplante Etappe diesmal etwas länger sein wird als sonst. Gegen 9 schieb ich mein Rad vom Zeltplatz und fahre los. Erst mal nur bis in den nächsten Ort. Dort deck ich mich mit Proviant für den Tag ein. Äpfel, Bananen, Käse, Brot, Haferflocken und Apfelsaft. Und eine Zwiebel für mein Abendessen. Den Apfelsaft füll ich gleich in eine Flasche am Fahrrad um, der Proviant kommt hinten in den Rucksack. Das Wetter ist frühlingshaft warm und sonnig und so freu ich mich auf einen schönen Tag im Sattel. Noch Musik anmachen und los.

Irgendwo hinter Wien holen mich Fabian und Orleans ein. Sie sind in der Türkei gestartet und auf dem Weg ans Nordkap. Die nächsten Kilometer fahren wir zusammen und unterhalten uns über unsere Strecken und Ziele, das Wetter in den nächsten Tagen und darüber, wo der Donauradweg am schönsten ist. Sie meinen, dass die schönsten Abschnitte in Südosteuropa zu finden sind. Das klingt gut, denn Südosteuropa liegt ja noch vor mir. Meine Favoriten bisher sind der erste Teil bis Ulm und dann das Stück von Passau Richtung Tulln. Ich mag ja die Berge. Von daher… Irgendwann halten die beiden an und machen eine Pause. Für mich gehts weiter Richtung Bratislava.

Wie die letzten Tage auch fahr ich meist auf Dämmen direkt an der Donau entlang. Einerseits ist das ganz angenehm. Es gibt keinen Verkehr und so kann man den ganzen Tag seinen Gedanken nachhängen und ganz entspannt fahren. Anderseits gibt es aber auch nur wenig Abwechslung und so ziehen sich manche Teilabschnitte ziemlich in die Länge. Naja, es gibt wohl Schlimmeres. Im Nationalpark Donau-Auen verschwindet die Donau hinter einem langgezogenen Waldstück. Erst als ich die Donau kurz vor Hainburg überquere, bekomm ich sie wieder zu Gesicht. Richtig breit ist sie hier schon. Die Überfahrt dauert bestimmt zwei, drei Minuten.

Hinter Hainburg wirds dann langsam etwas urbaner. Bald schon zeigt sich am Horizont ein Meer aus Beton. Bratislava ist nicht mehr weit. Ein ziemlich ungewohnter Anblick nach den vielen Tagen im Grünen. In Bratislava wird der Donauradweg dann durch eine Großbaustelle unterbrochen. Hier sind Brückenarbeiten im Gange. Absolut kein Durchkommen, das Gebiet ist weiträumig abgesperrt. Als ich die Karte raushole, ratlose Blicke. Wie es Richtung Donauradweg weiter geht, weiß hier keiner so recht. Die Baustelle soll ich auf jeden Fall weiträumig umfahren. Das wird ein bisschen schwierig, denn eine digitale Karte für die Slowakei hab ich nicht heruntergeladen, da der Streckenabschnitt ja recht kurz ist. Und meine Karte vom Donauradweg hilft auch nicht wirklich weiter. Die enthält nämlich keine detaillierten Stadtpläne. Zwei Rennradfahrer erkennen aber meine etwas missliche Lage. Ein kurzes „Donau?“ – „Yes.“ – „Follow us!“ und schon gehts im Eiltempo um die Baustelle herum. Dafür hätt ich allein ewig gebraucht. Ich freu mich sehr, über die Hilfsbereitschaft. Und auch darüber, dass ich die letzten Minuten Sonnenschein noch nutzen und es jetzt sicher noch bis Ungarn schaffen kann.

Gegen halb acht passiere ich die ungarische Grenze. Bis Rajka ists dann nur noch ein Katzensprung. Der Zeltplatz zu dem ich eigentlich wollte, ist leider geschlossen. Na das kenn ich ja jetzt schon. Dann muss ich mir heut also etwas anderes suchen. Ich fahr noch ein paar Kilometer. Hinter Dunakiliti pack ich an einer wind- und sichtgeschützten Stelle am Waldrand Isomatte und Schlafsack aus. Kaum lieg ich, bin ich auch schon eingeschlafen. War doch ganz schön lang gewesen heute.

Der Plan für die folgenden beiden Tage ist bis Esztergom zu fahren. Hier möchte ich mich mit meinem Vater treffen, um dann am Wochenende meine Tanten, Onkels, Cousins und Cousinen zu besuchen. Und das geht zeitlich nur an diesem Wochenende. Daher auch die ganze Eile in den letzten Tagen. Seit Regensburg bin ich ja quasi durchgefahren. Die drei Tage Pause sind daher sicher nicht verkehrt. Die nächsten Kilometer werden aber nochmal eine ziemliche Umstellung. Oft gibt es hier nämlich keine Radwege. Das heißt, dass ich mir die Straßen mit allen Verkehrsteilnehmern teilen muss. Und so donnern neben PKWs auch Busse und 40-Tonner direkt an mir vorbei. Manchmal mit kaum mehr als einer Armeslänge Abstand. Von den beschaulichen Radwegen in den Donauauen direkt in den Berufsverkehr. Beim Fahren muss ich daher ziemlich aufpassen. Gefühlt alle 10 Sekunden schau ich in den Rückspiegel. Und meine gelbe Warnweste hab ich vorsichtshalber auch mal angezogen.

Nach Komárom führt der Donauradweg an brachliegenden Industrieanlagen vorbei. Das Verkehrsaufkommen ist immens. Aber hier gibt es zum Glück Radwege. Die Donau seh ich so gut wie gar nicht. Stattdessen führt die Route dort entlang, wo man die Nähe zur Donau nun überhaupt nicht vermuten würde: kilometerweit über staubige Felder, an Bahngleisen entlang und durch immer gleich aussehende Ortschaften. Ab und zu seh ich das erlösende Schild mit der Nummer 6, was mir zeigt, dass ich immer noch auf dem Eurovelo6 bin, dem Fernradwanderweg vom Atlantik ans Schwarze Meer. Da freu ich mich dann immer richtig.

Donnerstag gegen 15 Uhr erreiche ich Esztergom. Mein Vater holt mich ab und mit dem Auto gehts dann in den Osten Ungarns, in den kleinen Ort Derecske in der Nähe von Debrecen. Hier werden wir drei ruhige Tage verbringen. Zumindest denke ich das. Denn ohne, dass ich das irgendwie mitbekommen hätte, wurde hier eine zweite Abschiedsfeier organisiert. Mit allem was dazu gehört. Vielen Gästen, viel zum essen und trinken, einen Kessel Slumbuc und einem Transparent, welches vor dem Haus hängt. Ich kann mich leider nicht so gut verständigen, was ein bisschen Schade ist. Aber die Überraschung ist auf jeden Fall gelungen. Und ich hab so viel gegessen. Also wenn ich das alles aufzählen würde, könnt ichs bestimmt selbst kaum glauben. Von daher ist es gut, dass ich in den nächsten Tagen wieder etwas mehr Fahrrad fahren kann.

Seit gestern bin ich nun auch wieder auf dem Donauradweg unterwegs. Gegen 6 Uhr gings von Derecske zurück nach Esztergom. Die Woche werd ich auf jeden Fall noch in Ungarn bleiben. Zeitdruck hab ich ja jetzt keinen mehr. Daher können die nächsten Etappen dann auch mal etwas kürzer werden.

Ungarn, ich komme…

Tulln an der Donau, Montagnachmittag. Ich lieg in meinem Zelt und hör dem monotonen Trommeln des Regens zu, der seit einer Weile auf mein Zeltdach prasselt. Es gibt doch nichts Gemütlicheres als im Zelt zu liegen, wenn es regnet. Total entspannend. Jetzt ein Nickerchen, das wärs. Aber dazu ist keine Zeit. Mein Kocher muss dringend gereinigt werden, dann wollt ich noch duschen, mein Abendessen kochen und meinen Bürokram erledigen, d.h. die ganzen Tourdaten, also gefahrene Kilometer, Übernachtungsort etc. und meine Ausgaben dokumentieren. Also noch volles Programm heute.

Ich bin jetzt kurz vor Wien. Wenn alles gut läuft, dann schaff ichs morgen vielleicht bis nach Ungarn. Kurz hinter der Grenze, in Rajka, gibts einen Zeltplatz. Bis dahin möchte ich gern kommen. In Ungarn werd ich mich dann zum ersten Mal richtig im Ausland fühlen. Andere Sprache, andere Währung, das wird schon eine ganz schöne Umstellung. Zumindest was die Kommunikation betrifft. Aber das wird sicher auch irgendwie gehen. Ich kenn Ungarn ja ein wenig, hab ganz viele Verwandte dort, bei denen ich die Tage auch noch vorbeifahren werde und hab auch schon viele Urlaube dort verbracht. Von daher ist es ja kein absolutes Neuland für mich. Aber anders wirds trotzdem irgendwie.

Auch was die Donau betrifft. Mit Bergen ists dann wohl erst mal vorbei. Davon gabs in den letzten Tagen aber noch mal reichlich. Diese waren landschaftlich auch wieder sehr beeindruckend. Mehrmals wechseln sich bergige und flache Abschnitte ab. Die Donau bleibt dabei meist in Sichtweite des Radweges. Häufig fahre ich auf Dämmen direkt an der Donau entlang. Zwischendrin passiere ich immer wieder kleinere Ortschaften. Die sehen schon ganz anders aus als zu Hause. Enge Gassen und viele alte Häuser in einer recht gedrungenen Bauweise. Insbesondere bei den Kirchen fällt mir das immer wieder auf. Man könnte meinen, hier sei die Zeit stehen geblieben. Schön siehts hier aus. Alles wirkt sehr gepflegt. Herausgeputzte Vorgärten, liebevoll dekorierte Häuser und immer wieder Schilder, die Radler willkommen heißen. Und man merkt, dass langsam der Frühling Einzug hält. Überall leuchtende Forsythiensträucher, das erste Grün an den Büschen und auch die Kirschbäume stehen in voller Blüte. Und tagsüber wird es schon sehr warm. Nachts ist es aber immer noch recht frisch. Morgens hats oft nur zwei, drei Grad.

Trotzdem hab ich seit Passau immer im Zelt geschlafen. Die vielen Übernachtungen in Jugendherbergen sind ganz schön ins Geld gegangen. Da mein Frühstück seit dem immer etwas kürzer und weniger üppig ausfällt, genehmige ich mir am späten Vormittag oft nochmal ein zweites. Irgendwo, wo es schön ist, setz ich mich dann auf eine Wiese, kram meinen Kocher heraus und mach mir nochmal eine Tasse Kaffee. Manchmal sitz ich dann eine Stunde da oder lieg im Gras und genieß die Sonne. Abends dann das Gleiche. Entweder koch ich direkt am Zelt oder aber noch irgendwo unterwegs. Mein Favorit zurzeit ist Reis mit Zwiebeln angebraten, dazu Tomatenmark und noch etwas Salz und Pfeffer. Nach sechs Stunden im Sattel ein kulinarischer Hochgenuss.

Was das Essen betrifft, bin ich schon sehr auf die nächsten Länder gespannt. Die ungarische Küche hats mir ja besonders angetan. Da freu ich mich auf jeden Fall schon mal auf die nächsten Tage.

Servus Österreich

Gestern Mittag kurz vor zwölf roll ich über die Grenze nach Österreich. Ein bisschen feierlich ist mir da schon zu Mute. Nichtsdestotrotz ist mein erster Grenzübertritt aber reichlich unspektakulär. Mein Handy piepst kurz und weist auf die neuen Datentarife hin. Dann gibts noch zwei Hinweisschilder, das wars. Und schon ist man in Österreich. Der deutsche Teil des Donauradweges liegt damit hinter mir. Landschaftlich sehr abwechslungsreich, interessante Städte, gut ausgebautes Wegenetz und unterkunfts- und verpflegungstechnisch optimal auf Radfahrer eingestellt. So bleibt er mir in Erinnerung. Hat mir richtig gut gefallen die erste Etappe.

Meine Tour Richtung Österreich startet in Passau. Ich komme erst am späten Vormittag los. Das Frühstück in Jugendherbergen ist einfach zu lecker. Außerdem brauche ich noch digitale Karten von Österreich und Ungarn. Da es in der Jugendherberge wegen des Sturms noch kein stabiles Netz gibt, muss ich mich nach einer anderen Zugangsmöglichkeit umsehen. Die Touristeninformation empfiehlt mir die Stadtgalerie. Da gibts für zwei Stunden kostenloses WLAN. Also schnell zur Stadtgalerie, das Fahrrad vorm Eingang abgestellt und eingeloggt. Ich wär gern draußen bei meinen Rad geblieben, aber da ist das Netz zu schwach. Zumindest für einen Download. Also muss ich rein. Gerade so weit, dass ich mein Rad noch im Blick habe. Ich wähl mich ein und dann wandert mein Blick immer vom Fahrrad aufs Display und zurück. Eine halbe Stunde geht das so. Dann hab ich die beiden Karten und kann los.

Nach Passau wieder ein landschaftlicher Wechsel. Die Donau durchfließt jetzt das Obere Donautal bzw. die Donauschlucht. Und da ist der Name Programm. Bis Aschach ragen rechts und links der Donau steile Berge auf. Das heißt für mich, es geht immer direkt an der Donau entlang. Spektakuläre Landschaftseindrücke inklusive. Ab und an ein paar kleinere Anstiege, gerade wenn sich das Tal etwas verbreitert, aber meist ist es flach. Und so komm ich ganz gut voran. Und das ohne Kniebeschwerden. Die Pause in Regensburg hat mir wirklich gut getan. Da kann ich das Fahrradfahren wieder richtig genießen. Dazu noch das schöne Wetter. Was will man mehr.

In Aschach deck ich mich mit Proviant für das Wochenende ein. Weil ich seit heut Morgen nichts mehr gegessen und daher ziemlichen Hunger habe, verdrücke ich einen Teil davon gleich auf dem Parkplatz. Und dann mach ich mich auf den Weg nach Linz. Laut meiner Karte gibt es da einen Zeltplatz. Da möchte ich hin. Der Zeltplatz ist schnell gefunden, es gibt nur ein kleines Problem. Er ist geschlossen. Die Saison beginnt erst im Mai. Da muss ich also weiter schauen. Der nächste Zeltplatz liegt etwa 10 km entfernt. Da probier ichs mal. Gegen 19 Uhr komm ich beim Zeltplatz Nr.2 an. Hier das gleiche. Erst ab Mai geöffnet. Oh man, wer weiß, wo ich heut Abend schon wieder schlafen werde. Eine Option hab ich aber noch. Ein kleiner Zeltplatz bei Tödling. Da das ganz in der Nähe ist, möchte ich es da auch noch mal versuchen. Wenn das auch nichts ist, dann muss ich mein Zelt eben irgendwo aufbauen. Aber ich hab Glück. Der Zeltplatz ist geöffnet. Noch ziemlich leer zwar, aber offen. Außer ein paar Wohnwagen gibts noch keine Gäste. Ich bin der einzige mit einem Zelt. Hier bleib ich für eine Nacht.

Mittlerweile bin ich wieder startklar. Zum Frühstück gabs Kaffee und Käsebrötchen. Jetzt gehts dann weiter Richtung Melk.

Nachts im Regen und morgens im Schnee

Ich brauch eine Weile, bis ich am Montagmorgen alles gepackt habe und von der Pfaffeneckhütte wegkomme. Der Schwarzwald präsentiert sich heute wieder von seiner ungemütlichen Seite. Es ist grau, regnerisch und der Wind pfeift mir um die Ohren. Ich nehm Kurs auf Donaueschingen. Hier befindet sich die Donauquelle. Und hier beginnt auch mein erster Tourabschnitt. Meinem Reiseführer entnehme ich, dass es nicht DIE eine Quelle gibt sondern gleich mehrere. In Donaueschingen sind es zwei. Einmal die Quelle des Donaubachs im Schlossgarten und dann der Zusammenfluss von Brigach und Breg. Das ist wahrscheinlich die bekannteste. Auf jeden Fall endet an dieser Stelle die amtliche Längenmessung. Insgesamt 2779 Kilometer sind es von der Mündung bis hierher.

In Donaueschingen übernachte ich auf einem Bauernhof und biege dann am nächsten Morgen beim Zusammenfluss von Brigach und Breg auf den Donauradweg ein. Es ist immer noch sehr windig, aber es regnet nicht mehr. Zum Glück. Ich komm ganz gut voran. Nicht zuletzt wegen der ausgezeichneten Beschilderung. An wirklich jeder Abzweigung befindet sich ein Hinweisschild. Man kann sich gar nicht verfahren. Ich schalt meinen MP3-Player an. Element of Crime läuft. Kein Mensch weit und breit, da kann ich schön laut mitsingen. Die Landschaft zieht an mir vorbei und ich genieß den Rückenwind und die Sonne, wenn sie dann zwischen den Wolken hervorscheint. Fahrradfahren und Musikhören, der Wahnsinn!! Ich grinse von einem Ohr zum anderen.

Auf dem Weg nach Sigmaringen fahr ich durch den Naturpark Obere Donau. Wunderschön ist es hier. Steile Felshänge an beiden Flussseiten und kleine verschlafene Ortschaften, die sich an den Berghängen verteilen. Vielerorts umgestürzte Bäume, die die Straße versperren und Wasseransammlungen, die zu tief zum Durchfahren sind. Also einmal drum herum. Sigmaringen erreiche ich am späten Nachmittag. Ich frag in verschiedenen Unterkünften nach einem Schlafplatz. Wenn dann aber die Übernachtungspreise genannt werden, muss ich immer große Augen machen. Ich bin ja wirklich nicht knauserig, aber ich möchte meine Reisekasse nicht gleich am Anfang unnötig überstrapazieren. Daher hoff ich einfach mal, dass ich hinter Sigmaringen etwas mehr Glück habe.

Leider ist das aber nicht der Fall. Ich finde nichts. Nicht mal eine Grillhütte. Und langsam wirds dunkel. Mist, denk ich mir, ich brauch heut Abend unbedingt etwas Trockenes. Mittlerweile hat es nämlich wieder angefangen zu regnen. In der Dämmerung verlier ich den Donauradweg immer wieder und muss mehrmals umkehren. Oder aber der Weg ist überschwemmt. Das heißt, wieder Umwege fahren. So verlier ich wertvolle Zeit.

Ich erreiche Mengen. Im Stadtgebiet vom Donauradweg keine Spur mehr. Ich bin sicher zwei, drei Mal durch Mengen gefahren, kreuz und quer, aber die Fortsetzung kann ich einfach nicht mehr finden. Keine Schilder weit und breit. Mittlerweile ist es nach 22 Uhr. Es gießt wie aus Kübeln und stürmt wie verrückt. Und es ist dunkel. Und kalt. Nicht, dass mir Regen übermäßig viel ausmacht. Aber langsam frier ich ziemlich und meine Wechselkleidung ist bereits nass. Was also machen?

Ich steure eine Bushaltestelle an. Wenigstens bin ich hier halbwegs windgeschützt. Ein Zimmer werd ich um die Zeit wohl nicht mehr finden. Aber einfach hier bleiben kann ich auch nicht. Ich muss also weiterfahren. So oder so. Erst mal zum nächsten Ort am Donauradweg. Dann wär ich wenigstens wieder auf meiner offiziellen Route. Laut Karte muss ich nach Beuren. Ins GPS-Gerät eingegeben und los. Vielleicht find ich ja doch noch eine geeignete Übernachtungsmöglichkeit. Die nächste Hütte ist jedenfalls meine.

Kurz hinter Mengen dann der Lichtblick. Ein Geräteschuppen des Alpenvereins. Mit langem Vordach. Das ist meine Rettung. Zwar direkt an der Straße, aber hier ist es wenigstens trocken. Und groß die Wahl hab ich ja eh nicht. Ich roll meine Isomatte aus und verkriech mich in die hinterste Ecke meines Schlafsacks. Zähneputzen lass ich heut mal ausfallen. Die Nacht ist unruhig. Es stürmt und regnet in einer Tour. Aber in meinem Schlafsack ist es schön warm und so finde ich wenigstens ein paar Stunden Schlaf.

Als ich aufwache die große Überraschung: es hat geschneit. Die Felder um mich herum sind mit einer dünnen Schneedecke überzogen. Mein Thermometer zeigt 2°C an. Irgendwie verspür ich keine große Lust aufzustehen. Ich muss aber. Keine 20 m neben mir donnert nämlich schon der Berufsverkehr vorbei. Fahrräder, Autos, Busse. Also, schnell bis drei zählen, raus aus dem Schlafsack und anziehen. Alles was ich finden kann. Nachdem ich mich etwas aufgewärmt hab, mach ich mir Frühstück. Es gibt Kaffee und eine Gulaschsuppe. Gegen 9 Uhr fahr ich los. Die Sonne scheint und mir wird schnell wieder warm. Die Strapazen des gestrigen Abends und der Nacht sind da schon wieder vergessen. Mein Ziel heute ist Ulm.

Und hier bin ich jetzt. Seit gestern Abend. Ich hab mich in einer Jugendherberge einquartiert. Sicher ist sicher. Und außerdem muss ich meine Klamotten trocknen, mein Fahrrad putzen und die nächsten Tage planen. Und natürlich möcht ich gern aufs Münster steigen. Also ein Tag Pause. Morgen gehts dann weiter Richtung Donauwörth.