Ich brauch eine Weile, bis ich am Montagmorgen alles gepackt habe und von der Pfaffeneckhütte wegkomme. Der Schwarzwald präsentiert sich heute wieder von seiner ungemütlichen Seite. Es ist grau, regnerisch und der Wind pfeift mir um die Ohren. Ich nehm Kurs auf Donaueschingen. Hier befindet sich die Donauquelle. Und hier beginnt auch mein erster Tourabschnitt. Meinem Reiseführer entnehme ich, dass es nicht DIE eine Quelle gibt sondern gleich mehrere. In Donaueschingen sind es zwei. Einmal die Quelle des Donaubachs im Schlossgarten und dann der Zusammenfluss von Brigach und Breg. Das ist wahrscheinlich die bekannteste. Auf jeden Fall endet an dieser Stelle die amtliche Längenmessung. Insgesamt 2779 Kilometer sind es von der Mündung bis hierher.
In Donaueschingen übernachte ich auf einem Bauernhof und biege dann am nächsten Morgen beim Zusammenfluss von Brigach und Breg auf den Donauradweg ein. Es ist immer noch sehr windig, aber es regnet nicht mehr. Zum Glück. Ich komm ganz gut voran. Nicht zuletzt wegen der ausgezeichneten Beschilderung. An wirklich jeder Abzweigung befindet sich ein Hinweisschild. Man kann sich gar nicht verfahren. Ich schalt meinen MP3-Player an. Element of Crime läuft. Kein Mensch weit und breit, da kann ich schön laut mitsingen. Die Landschaft zieht an mir vorbei und ich genieß den Rückenwind und die Sonne, wenn sie dann zwischen den Wolken hervorscheint. Fahrradfahren und Musikhören, der Wahnsinn!! Ich grinse von einem Ohr zum anderen.
Auf dem Weg nach Sigmaringen fahr ich durch den Naturpark Obere Donau. Wunderschön ist es hier. Steile Felshänge an beiden Flussseiten und kleine verschlafene Ortschaften, die sich an den Berghängen verteilen. Vielerorts umgestürzte Bäume, die die Straße versperren und Wasseransammlungen, die zu tief zum Durchfahren sind. Also einmal drum herum. Sigmaringen erreiche ich am späten Nachmittag. Ich frag in verschiedenen Unterkünften nach einem Schlafplatz. Wenn dann aber die Übernachtungspreise genannt werden, muss ich immer große Augen machen. Ich bin ja wirklich nicht knauserig, aber ich möchte meine Reisekasse nicht gleich am Anfang unnötig überstrapazieren. Daher hoff ich einfach mal, dass ich hinter Sigmaringen etwas mehr Glück habe.
Leider ist das aber nicht der Fall. Ich finde nichts. Nicht mal eine Grillhütte. Und langsam wirds dunkel. Mist, denk ich mir, ich brauch heut Abend unbedingt etwas Trockenes. Mittlerweile hat es nämlich wieder angefangen zu regnen. In der Dämmerung verlier ich den Donauradweg immer wieder und muss mehrmals umkehren. Oder aber der Weg ist überschwemmt. Das heißt, wieder Umwege fahren. So verlier ich wertvolle Zeit.
Ich erreiche Mengen. Im Stadtgebiet vom Donauradweg keine Spur mehr. Ich bin sicher zwei, drei Mal durch Mengen gefahren, kreuz und quer, aber die Fortsetzung kann ich einfach nicht mehr finden. Keine Schilder weit und breit. Mittlerweile ist es nach 22 Uhr. Es gießt wie aus Kübeln und stürmt wie verrückt. Und es ist dunkel. Und kalt. Nicht, dass mir Regen übermäßig viel ausmacht. Aber langsam frier ich ziemlich und meine Wechselkleidung ist bereits nass. Was also machen?
Ich steure eine Bushaltestelle an. Wenigstens bin ich hier halbwegs windgeschützt. Ein Zimmer werd ich um die Zeit wohl nicht mehr finden. Aber einfach hier bleiben kann ich auch nicht. Ich muss also weiterfahren. So oder so. Erst mal zum nächsten Ort am Donauradweg. Dann wär ich wenigstens wieder auf meiner offiziellen Route. Laut Karte muss ich nach Beuren. Ins GPS-Gerät eingegeben und los. Vielleicht find ich ja doch noch eine geeignete Übernachtungsmöglichkeit. Die nächste Hütte ist jedenfalls meine.
Kurz hinter Mengen dann der Lichtblick. Ein Geräteschuppen des Alpenvereins. Mit langem Vordach. Das ist meine Rettung. Zwar direkt an der Straße, aber hier ist es wenigstens trocken. Und groß die Wahl hab ich ja eh nicht. Ich roll meine Isomatte aus und verkriech mich in die hinterste Ecke meines Schlafsacks. Zähneputzen lass ich heut mal ausfallen. Die Nacht ist unruhig. Es stürmt und regnet in einer Tour. Aber in meinem Schlafsack ist es schön warm und so finde ich wenigstens ein paar Stunden Schlaf.
Als ich aufwache die große Überraschung: es hat geschneit. Die Felder um mich herum sind mit einer dünnen Schneedecke überzogen. Mein Thermometer zeigt 2°C an. Irgendwie verspür ich keine große Lust aufzustehen. Ich muss aber. Keine 20 m neben mir donnert nämlich schon der Berufsverkehr vorbei. Fahrräder, Autos, Busse. Also, schnell bis drei zählen, raus aus dem Schlafsack und anziehen. Alles was ich finden kann. Nachdem ich mich etwas aufgewärmt hab, mach ich mir Frühstück. Es gibt Kaffee und eine Gulaschsuppe. Gegen 9 Uhr fahr ich los. Die Sonne scheint und mir wird schnell wieder warm. Die Strapazen des gestrigen Abends und der Nacht sind da schon wieder vergessen. Mein Ziel heute ist Ulm.
Und hier bin ich jetzt. Seit gestern Abend. Ich hab mich in einer Jugendherberge einquartiert. Sicher ist sicher. Und außerdem muss ich meine Klamotten trocknen, mein Fahrrad putzen und die nächsten Tage planen. Und natürlich möcht ich gern aufs Münster steigen. Also ein Tag Pause. Morgen gehts dann weiter Richtung Donauwörth.