Neun Tage Isfahan

105 km/h zeigt der Tacho an. Ein ganz besonderer Moment auf meiner Reise, eine Premiere wenn man so will. Ich sitze nämlich im Bus. Mein Fahrrad ist im Gepäckraum verstaut und zum ersten Mal, abgesehen von kleineren Ausflügen, bewege ich mich mit motorisierter Unterstützung fort. Wie entspannend und komfortabel das doch sein kann. Die Landschaft fliegt an mir vorbei. Und die Strecke, für die ich normalerweise einen Tag brauchen würde, liegt bereits nach einer knappen Stunde hinter mir. Dazu gibts eine Boardtoilette, verstellbare Ledersitze mit Armlehnen, kostenlose Getränke, Kuchen und eine Klimaanlage. Das lässt mich die heiße Wüstenlandschaft hinter dem Busfenster ganz anders wahrnehmen, als noch vorletzte Woche auf dem Weg hierher. Drei Stunden Luxus. So lange werde ich bis nach Kashan brauchen. Hierher wollte ich ja nochmal einen Abstecher machen, um zur Karawanserei Marandjab in die Wüste zu fahren. Zum ersten Mal mit dem Fahrrad in der Wüste. Lauter Premieren heute. Ich bin schon ganz gespannt, wie das nachher wird.

Neun Tage bin ich jetzt in Isfahan gewesen. Ziemlich lang für eine Stadt. Gerade wenn man bedenkt, dass ich ursprünglich nur fünf Tage bleiben wollte. Aber genau wie damals in Tiflis ist die Zeit wieder wie im Fluge vergangen und kommt mir wesentlich kürzer vor. Und der Aufbruch fällt mir auch alles andere als leicht. Aber das ist auch nicht wirklich verwunderlich – bei dieser Stadt. Isfahan zählt ja zu den schönsten Städten im Iran und gilt als das beliebteste Reiseziel im Land, sowohl für die Iraner selbst, als auch für Touristen aus dem Ausland. Es gibt hier so unglaublich viel zu sehen, zu entdecken und zu tun, dass ich eigentlich noch viel länger hätte bleiben können.

Insbesondere auch, weil ich wieder so viel Glück mit meiner Unterkunft hatte. Ich übernachte ja gerne in Hostels. Und genau in einem solchen bin ich nach einem Tipp von einem Iraner wieder gelandet. Im Amir-Kabir-Hostel. Stadtnah, preiswert, mit einem wunderschönen Innenhof und das Beste: voller Reisender. Sowohl Backpackern, als auch Motorrad- und Fahrradfahrern oder Leuten, die seit Monaten einfach zu Fuß unterwegs sind. Von jung bis alt und aus allen Herrenländen. Hätt ich gar nicht gedacht, dass man im Iran so viele Individualreisende trifft. Einige sind hier für eine Rundreise, es gibt aber auch viele Langzeitreisende, die auf verschiedensten Routen in Richtung Südostasien oder Afrika unterwegs sind oder von dort kommen. Reichlich Gelegenheit für interessante Gespräche. Ich finds ja immer wieder total spannend mich mit anderen Reisenden austauschen zu können, von deren Erfahrungen und Erlebnissen zu hören und auch den ein oder anderen Tipp für meine Weiterreise zu bekommen. Außer in Hostels hab ich dazu ja normalerweise kaum die Gelegenheit.

Aber auch ansonsten lässt es sich in Isfahan ganz gut aushalten. Ganz klassisch hab ich mir viele der bekannten Sehenswürdigkeiten angesehen: verschiedene Moscheen, Kirchen und Museen sowie den Basar, der mit zu den größten im Iran zählt. Abseits kultureller Entdeckungstouren hab ich mich aber auch oft einfach durch die Stadt treiben lassen oder mich irgendwo in einem der vielen Parks gesetzt und mir dort Kaffee oder mein Abendessen gekocht. Vor dem Flug nach Usbekistan muss ich ja noch mein ganzes Benzin loswerden. Von daher lief mein Kocher die letzten Tage quasi im Dauerbetrieb. Neben mir immer auch viele andere Familien. Wie schon in der Türkei, sieht man hier im Iran überall in den Parks Familien sitzen und picknicken. Lang allein bleib ich daher eigentlich nie. Oft werde ich ziemlich schnell eingeladen und dann auch mit Fragen bombardiert: Wo komm ich her? Wo fahr ich hin? Was ist mein Beruf? Wie finde ich den Iran? Es sind immer die gleichen Fragen. Aber nie aufdringlich, sondern immer entspannt und sehr angenehm. Zum Kaffee gibts für mich daher also meist auch noch Tee, beutelweise Sonnenblumenkerne und manchmal gleich auch noch ein komplettes Abendessen. Könnt daher gut sein, dass ich die letzten Wochen etwas zugenommen hab…

Neben dem entspannten Teil hatte ich in Isfahan auch einige Behördengänge zu erledigen, denn da ich bereits vier Wochen im Iran bin, war es jetzt mal an der Zeit mein iranisches Visum zu verlängern. Das ging relativ problemlos. Einen Antrag ausfüllen, zwei Fotos abgeben, knapp 15 € bei einer Bank einzahlen und nach zwei Tagen war die Sache erledigt und ich hatte einen weiteren Stempel im Pass. So langsam füllt der sich und sieht auch schon längst nicht mehr so neu aus, wie am Anfang meiner Reise.

Naja, und so sind jetzt aus den geplanten fünf Tagen eben auch ganz schnell neun geworden. Aber weiter schlimm ist das nicht, denn wenn ich gerade etwas im Überfluss habe, dann ist es Zeit. Auf jeden Fall noch bis Anfang Oktober. Denn so lange muss ich noch warten, bis ich nach Usbekistan weiterreisen kann. Alles was ich bis dahin noch brauche, ist das Visum für China und das Flugticket nach Taschkent. Beides werde ich mir in Teheran besorgen und daher hab ich mich jetzt auch mal wieder auf den Rückweg gemacht. Aber den Zwischenstopp in Kashan, den wollt ich mir auf jeden Fall noch gönnen. Noch knapp zwei Stunden Fahrt, dann bin ich da….